Lernserver-Kommentar zum Start der Bildungsmesse Didacta, Köln

„Digital first, Überlegungen Luxus?“

Statt neu aufgelegter Ausstattungsinitiativen lieber substantielle Unterstützung von Lehrern, Eltern, Förderkräften!
Denn: Nur wer sich für die Probleme von Bildung und Lernen interessiert, findet echte Lösungen.

Der Clou innovativer und unser Bildungswesen voranbringender Lösungen liegt in der Verzahnung von Wissenschaft, pädagogischer Praxis und einer Kenntnis der faszinierenden technischen Möglichkeiten. Diese treffen freilich erst dann so richtig ins Schwarze, wenn man die Technik nicht zum Selbstzweck erklärt und sich nicht schon wieder ausgerechnet von Ausstattungsinititiven das moderne Bildungsglück erwartet. Ganz so, als hätte es Sprachlabore, „Schulen ans Netz“ oder die teuren, aber wenig hilfreichen Whiteboards nie gegeben, wird Digitalisierung zum xten Mal zum Heiligen Gral hochgejazzt.
Dem kann man dann zwar ewig nachjagen, ohne dass man fürs Lernen und Unterrichten wirklich viel erreicht hätte. Dabei macht es keinerlei Unterschied, ob man einen Euro oder 100 Milliarden verpulvert, ob alles von Berlin aus oder doch über die Länder selbst finanziert wird.
Vor allem aber wird unseren ohnehin überforderten Schulen mit solchen Anstrengungen kein bisschen geholfen: Kinder lernen trotzdem immer weniger, Lehrer kommen mehr denn je an ihre Grenzen und Eltern werden tagtäglich nervöser, weil sie nicht ohne Grund befürchten, dass ihre Kinder auf der Strecke bleiben. Mit oder ohne Digitalisierung!
Dies hat übrigens auch damit zu tun, dass die Debatte über verquere Methoden des Heranführens an Sprache und Schrift auf halber Strecke stecken geblieben ist. Es ist ein Unding, wenn Konzepte, die allenfalls einem kleinen Teil von Kindern nicht schadeten, an unseren Schulen weiterhin ihr Unwesen treiben dürfen: Mit Methoden wie „Schreib‘ wie du sprichst!“ oder „Entdecke alles gefälligst selbst!“ hat noch kein Mensch Sprache und Schrift gelernt. Höchstens trotzdem.
Lehrer sollten sich also verstärkt auf die inhaltliche Seite ihrer eigentlich schönen und verantwortungsvollen Aufgabe konzentrieren (können) und dabei die Eltern als Partner gewinnen und nicht als Störenfriede betrachten. Umgekehrt sollten Eltern ihre Energie nicht in „Lehrerhasserbücher“ stecken, sondern mit Lehrern und Förderkräften an einem Strang ziehen.
Vielleicht also könnte man ja auch den umgekehrten Weg gehen und zunächst die inhaltlichen Fragen klären, bevor die Technik in die Schulen geschleppt wird. Wäre es nicht sehr viel erfolgversprechender, wenn man sich erst einmal fragt,

  • welche Bildung unsere Gesellschaft heute denn benötigt? (Kleiner Tipp: Sprache und Schrift wird auch in Zeiten des Internet nicht überflüssig, im Gegenteil.)
  • worin die objektiven Hürden liegen, die die eigene oder die neue Sprache bereithält?
  • wie man Kindern dabei behilflich sein kann, dennoch einen souveränen Zugang zum Schriftsprachsystem hinzubekommen?
  • wie die Anstrengungen der Kinder und ihr sukzessiv erweitertes Wissen nicht ständig entwertet werden müssen, nur weil sie der Norm (noch) nicht entsprechen?
  • wie man ihnen also dabei behilflich sein kann, aus ihren unvermeidlichen Fehlern zu lernen?
  • wie man Lehrer mit dem Wissen und auch Gespür versieht, das sie dafür benötigen, ihre Schüler individuell zu begleiten, ohne dabei die gesamte Klasse aus den Augen zu verlieren?
  • wie man Eltern als Partner von Schulen und Bildung mit einbindet, wo immer dies möglich ist?
  • wie man externe Förderkräfte mit hinzuzieht, weil man als Schule oder Lehrer nicht alles alleine schaffen kann?
  • wie man spezifische Förderkonzepte entwickelt, die diese Bezeichnung verdienen, aber durchaus auch mal neu und pfiffig sein dürfen?

DANN kann man sich in der Tat fragen, an welchen Stellen und wie die modernen Techniken unterstützen können. Dann wird man auch eine ganze Menge finden, und jede noch so kleine Investition ist es wert.
Wir haben seit 30 Jahren unbeirrt diesen Weg verfolgt. Zusammen mit engagierten Lehrern, Eltern und Förderkräften konnten wir inzwischen mehr als 600.000 Kindern, Jugendlichen oder Erwachsenen auf ihrem Weg zur Schrift zur Seite stehen.
Wie dies alles geht und welche Rolle dabei die schönen neuen Möglichkeiten spielen? Das verraten wir Ihnen gerne.

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